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5.03.2005
Apple, Geschäftsgeheimnisse und Onlinejournalismus [Update]
Man liest viel momentan über Apples diverse Klagen und juristischen Scharmützel, wenig davon ist allerdings ausgewogen und klar nachvollziehbar. Ganz im Gegenteil wird etliches vermengt wie verwechselt und führt letztlich lediglich zu einer weiteren Polarisierung der Diskussion. Deshalb folgt hier der Versuch, einen kleinen Überblick zu schaffen.
Apple zieht momentan von sich aus an drei juristischen Strängen:
Klage 1 richtet sich gegen drei ADC Mitglieder, die angeblich eine Tiger Beta via BitTorrent verbreiteten.
Klage 2 richtet sich gegen 25 Unbekannte wegen der angeblich absichtlichen Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen. Dies steht im Zusammenhang mit Informationen zur Asteroid 'Breakout Box', deren Spezifikationen bei PowerPage.org und AppleInsider veröffentlicht worden waren (ursprünglich wurde hier auch ThinkSecret genannt, die allerdings keine eigenen Informationen zu Asteroid brachten).
Klage 3 richtet sich gegen Think Secret Herausgeber Nick Ciarelli aka Nick dePlume und weitere Unbekannte ebenfalls wegen der angeblich absichtlichen Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen, hier im Zusammenhang mit den bei ThinkSecret erschienen Artikeln über Mac mini, iWork und iLife '05.
Hintergrund und Entwicklung:
Klage 1 erfuhr starke Aufmerksamkeit durch ein Interview mit einem der Beschuldigten im Drunkenblog sowie einen weitreichenden Aufruf an Apple, die Klage fallenzulassen bzw. zu überdenken.
Klage 2 richtet sich wie erwähnt gegen 25 John Does und Apple agierte hier über mögliche Zwangsverfügungen gegen AppleInsider, Powerpage.org und ThinkSecret zur Offenlegung der Asteroid-Quellen, fixierte sich dann aber auf eine einstweilige Verfügung gegen Nfox.com. Nfox ist Host der Powerpage Email Accounts, dieser fand etliche Emails mit dem Wort 'Asteroid', was man wiederum Apples Anwälten mitteilte. Der Verfügung wurde von Nfox Seite bisher nicht widersprochen, man würde einer Gerichtsentscheidung Folge leisten und alle Email-Dokumente, die im Zusammenhang mit Asteroid (Codename Q97) stehen an Apple weiterreichen.
Die EFF übernahm die Verteidigung von AppleInsider und Powerpage und argumentiert, dass der Quellenschutz unbedingt gewahrt bleiben müsse und für AI und Powerpage diesbezüglich die selben Standards wie bei 'legitimen' Journalisten gelten sollten, folglich dürften die einstweiligen Verfügungen nicht durchgesetzt werden und Apple solle erst zu internen Massnahmen greifen.
Nach Apples anwaltlicher Ansicht sind die internen Maulwurfaufspüraktionen bereits gescheitert (fast 30 Apple Angestellte wurden dabei interviewt und die Zugriffe auf verschiedene firmeninterne Dokumente angeblich erfolglos überprüft) und bei den Betreibern von AI und Powerpage handele es sich nicht um Journalisten, sondern lediglich um 'Informationsausstreuer', die dementsprechend nicht unter den Schutz des 'First Amendment' fielen.
Der zuständige Richter James Kleinberg hatte bereits am Donnerstag eine vorläufige Entscheidung in Apples Sinne getroffen, in einer freitäglichen Anhörung legte er seinen Standpunkt aus, wie AP berichtet: "Kleinberg appeared to take a dim view of the idea that the media have the right to publish information that could only have been provided by someone breaking the law." Der endgültige Richterspruch wird in der kommenden Woche erwartet.
Wer sich einen umfassenden Überblick zu diesem Fall schaffen will, der kann bei der EFF die gerichtlichen Dokumente in PDF-Form einsehen.
Klage 3 nimmt ebenfalls ihren Lauf: ThinkSecret, vertreten von Terry Gross, gab gerade erst bekannt, dass man ebenfalls unter Berufung auf das First Amendment Apples Klage abweisen wolle: "Apple's lawsuit is a affront to the First Amendment, and an attempt to use Apple's economic power to intimidate small journalists," Think Secret says in the court filings. "If a publication such as the New York Times had published such information, it would be called good journalism; Apple never would have considered a lawsuit."
Update: Die NYT berichtet ebenfalls über die Blogger-Journalisten-Frage: "Some bloggers want any protection available to journalists at traditional media companies to also be available to them, and journalists at those companies want to make sure that the reporter shield privilege is preserved. Yet if recognizing a privilege for bloggers means that everyone online can maintain that they are journalists, judges may conclude that rather than giving everyone the privilege, no one should have it. That possibility worries reporters, who could find themselves at new risk for what they write or broadcast." Die EFF machte in einer freitäglichen Pressemeldung allerdings ziemlich klar, dass Richter Kleinberg AI und Powerpage durchaus als journalistisch relevant auffasste: "The court was interested in the question of whether online reporters are legitimate journalists, but for most of the hearing, the judge assumed that they were journalists and examined whether the reporter's shield should apply in this case. Under the First Amendment, the reporter's privilege is qualified -- it does not protect reporters under all circumstances. But subpoenas to journalists are always a last resort."
Posted by Leo at 02:44 | Permalink
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